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Ein urteilsfähiger Intellekt

Ein fühlendes Herz

Ein gesunder Körper

 

 
 

... aus Kosmokonzeption (Max Heindel)

Der erste Himmel


Wenn der Aufenthalt im Fegefeuer vorüber ist, steigt der gereinigte Geist (spirit) in den ersten Himmel auf, der sich in den drei höchsten Regionen der Empfindungswelt befindet, wo die Resultate seiner Leiden dem Keimatom des Empfindungsleibes einverleibt werden.

Dieses Keimatom übermittelt ihm die Fähigkeit zum richtigen Fühlen und schafft für die Zukunft einen Antrieb zum Guten und eine Abschreckung vom Bösen. Hier entrollt sich das Panorama des vergangenen Lebens abermals in umgekehrter Reihenfolge, nur sind es hier die guten Taten, welche die Grundlage der Gefühle bilden. Wenn wir zu den Szenen kommen, in denen wir anderen halfen, so erleben wir nochmals die Freude des Helfens, die wir in diesem Augenblick genossen und fühlen noch dazu die Dankbarkeit des Empfängers unserer Hilfe. Und wenn wir zu den Szenen kommen, in denen uns geholfen wurde, fühlen wir nochmals alle Dankbarkeit, die wir für unsere Wohltäter hegten. Daraus sehen wir die Wichtigkeit, die uns erwiesenen Guttaten dankbar anzuerkennen, denn die Dankbarkeit trägt zum Seelenwachstum bei. Unser Glück im Himmel hängt davon ab, wieviel Freude wir anderen bereiteten und dass wir anerkannten, was andere für uns Gutes taten.

Man sei sich dessen bewusst, dass die Macht des Gebens nicht immer mit Reichtum verbunden ist. Unüberlegtes Geben von Geld kann sogar von Übel sein. Es ist richtig, für einen guten Zweck Geld zu geben, aber ein Dienst ist tausendmal besser. Wie Whitman sagt:

"Sieh! Nicht Lehren ich geb`, noch Almosen; Wenn ich gebe, so geb` ich mich selbst!"

Ein freundlicher Blick, der Ausdruck des Vertrauens, eine mitfühlende und liebevolle Hilfsbereitschaft - diese Gaben können von allen ohne Unterschied des Wohlstands gegeben werden. Noch mehr! Wir sollten vor allen Dingen dem Bedürftigen helfen, sich selbst zu helfen, sei es finanziell, moralisch oder geistig. Wir sollen ihn nicht von uns oder anderen abhängig machen.

Der ethische Wert des Gebens und die geistige Lehre, die der Gebende durch seine Gabe empfängt, wird in schönster Weise in Lowell`s Gedicht "Die Vision des Sir Launfal" gezeigt. Der junge und ehrgeizige Ritter, Sir Launfal, reitet in blitzender Rüstung auf prachtvollem Streitross aus seiner Burg, um den heiligen Gral zu suchen. Auf seinem Schild glänzt das Kreuz, das Zeichen der Güte und des Mitgefühls unseres sanftmütigen und bescheidenen Heilands. Doch das Herz des Ritters ist erfüllt von Stolz und hochmütiger Verachtung für die Armen und Bedürftigen. Er begegnet einem Aussätzigen, der um ein Almosen bittet, und wirft ihm mit verächtlichem Stirnrunzeln eine Münze hin, so wie man einem Hund den Knochen vorwirft. Doch:

"Nicht hob der Sieche das Gold vom Grund.
Die Kruste, gespart von des Armen Mund,
Der Segen des Armen ist besser fürwahr,
Verlass ich sein Haus gleich nackt und bar.
Was die Hand nur erfasst, scheint dem Bettler gering.
Es bleibt ihm das Gold nur ein wertloses Ding,
Wenn die Pflicht alleine zum Geben ihn zwang.

Wer aber von seinem sehr Wenigen gibt,
dem verborgenen Christus, den er so liebt,
Zeigt Schönheit des Herzens, die alles durchdringt,
Als Band, das erhaltend um alle sich schlingt.
Sein Geschenk ist so groß, dass die Hand es nicht fasst,
Das Herz nur bezwingt die kostbare Last,
Denn ihr folgt ein Gott und bringt sie als Hort
Zur im Dunklen verhungernden Seele fort."

Bei seiner Rückkehr findet Sir Launfal einen anderen im Besitz seines Schlosses, und er wird vom Tor vertrieben.

"Ein alter Mann, zermürbt vom Gram,
Vom heil`gen Gral zurück er kam.
Des Reichtums Verlust, er achtet ihn nicht,
Kein Kreuz mehr erstrahlt vom Gewande so schlicht.
Doch tief im Herzen das Zeichen ihm stand,
Des Armen und Leidenden trostreiches Pfand."

Wieder begegnet er einem AusäŠtzigen, der ihn um ein Almosen bittet. Diesmal erwidert der Ritter anders.

"Und der Ritter sagte: 'Du bist mir ein Bild
Des gekreuzigten Heilands, so gütig und mild;
Auch dich hat die Welt mit Dornen gekrönt,
Auch dich hat getreten sie und verhöhnt,
Dein Leben mit heiligem Schmerz empfand
Die Wunden in Seite und Fuß und Hand.
Marias Sohn, sei gnädig mit mir,
Durch ihn, mein Bruder, schenke ich dir!'"

Ein Blick in das Auge des AusäŠtzigen bringt ihm Erinnerung und Wiedererkennen und

"Zu Asch` und Staub ward ihm das Herz,
Die Brotkruste brach er, so hart wie Erz,
An des Baches Rand brach er das Eis
Und reichte dem Armen Trank und Speis.

Eine Wandlung tritt ein:

"Der ächzte nicht länger arm und beraubt,
Ein Glorienschein umstrahlte sein Haupt,
Und die Stimme, die sanfter als Schweigen, spricht:
'Ich bin es!' Steh auf und fürchte dich nicht!
In manchem Land, als des Kampfes Frucht,
Hast du den Gral vergeblich gesucht:
Sieh, er ist hier, in deiner Hand -
Gefällt für mich an des Baches Rand.
Dies Krüstlein - mein Leib, der für dich zerbrach,
Mein vergossenes Blut - die Flut aus dem Bach:
So wird zum heiligen Abendmahl,
Was wir teilen mit anderer Not und Qual;
Nicht was wir spenden, wie wir teilen im Leben,
Denn ohne Herz ist es ein dürftig Geben;
Gibst mit der Gabe selber du dich,
So nährst du dich selbst, den Armen und mich!"

Der erste Himmel ist der Ort der Freude, ohne einen einzigen Tropfen Bitterkeit. Der Geist schwebt über den materiellen, irdischen Zuständen und nimmt alles Gute aus seinem vergangenen Leben auf, so wie es an ihm vorüberzieht. Hier erfüllen sich ihm alle edlen Bestrebungen im vollsten Maß, welche auf der Erde nur angebahnt wurden. Er ist der Ort der Ruhe, und je härter das Leben mit dem Menschen umgesprungen ist, desto süßer wird die Ruhe empfunden werden. Krankheit, Kummer und Schmerz sind unbekannte Erscheinungen.

Hier ist das Sommerland der Spiritualisten, hier ist der Ort, an dem die Gedanken der frommen Christen das neue Jerusalem aufgebaut haben. Menschen, die nach dem Besitz schöner Häuser, Blumen und dergleichen strebten, haben das alles hier; sie erbauen sich diese Dinge aus dem feinen Empfindungsstoff. Und trotzdem sind diese Dinge für sie ebenso wirklich und körperlich, wie für uns die materiellen Häuser. Hier erfahren alle die Befriedigung, die ihnen im Erdenleben nicht zuteil wurde.

Eine Klasse führt hier ein besonders schönes Leben: die Kinder. Wenn wir sie sehen könnten, hätte unser Kummer schnell ein Ende. Wenn ein Kind vor der Geburt des Empfindungsleibes stirbt, die ungefähr um das vierzehnte Jahr erfolgt, so steigt es nicht höher, als in den ersten Himmel. Das ist so, weil es für seine Handlungen so wenig verantwortlich ist wie das ungeborene Kind für die Schmerzen, die es seiner Mutter durch seine Bewegungen in ihrem Schoß macht. Deshalb hat das Kind kein Leben im Fegefeuer. Was nicht lebendig wurde, kann nicht sterben, und so bleibt der Empfindungsleib des Kindes mit seinem Intellekt bis zu einer neuen Geburt bestehen. Aus diesem Grund können sich Kinder oft an ihr früheres Erdenleben erinnern, wie wir dies in einem späteren Beispiel sehen werden.

Für solche Kinder ist der erste Himmel ein Warteplatz, wo sie von einem bis zwanzig Jahre bleiben, bis sich eine Gelegenheit zu einer neuen Geburt bietet. Doch ist er nicht nur ein Warteplatz, da während dieser Zeit viele Fortschritte gemacht werden.

Stirbt ein Kind, so wird es immer von irgend einem Verwandten erwartet oder, sollte das unmöglich sein, so gibt es Menschen, die im Leben gerne Kinder "bemutterten" und sich nun freudig des kleinen verlassenen Wesens annehmen. Die außerordentliche Bildsamkeit des Empfindungsstoffes macht es leicht, die herrlichsten lebenden Spielzeuge für die Kinder zu schaffen, und ihr Leben ist ein einziges schönes Spiel. Ihr Unterricht wird aber dabei nicht vernachlässigt. Sie werden je nach ihrem Temperament, ohne Rücksicht auf ihr Alter, in Klassen geteilt.

In der Empfindungswelt ist es leicht, Anschauungsunterricht über den Einfluss von guten und bösen Leidenschaften in bezug auf Verhalten und Glück zu geben. Diese Lehren prägen sich dem empfindsamen und aufnahmefähigen Empfindungsleib des Kindes unauslöschlich ein und verbleiben in ihm auch nach seiner Wiedergeburt, so dass mancher, der ein edles Leben lebt, den Dank dafür zum großen Teil dieser Erziehung schuldet. Oftmals, wenn ein schwacher Geist geboren wird, lassen ihn die Mitleidigen (die unsichtbaren Führer, die unsere Entwicklung lenken) in frühen Jahren sterben, damit er diese besondere Erziehung erhalte, um ihn für ein möglicherweise hartes Leben vorzubereiten.

Das scheint besonders dann der Fall zu sein, wenn die Schrift im Empfindungsleib schwach war, weil der Sterbende durch die Klagen seiner Angehörigen gestört wurde, oder weil er auf dem Schlachtfeld oder durch einen Unglücksfall starb. So konnte er in seinem Leben nach dem Tod nicht die nötige Intensität der Gefühle erfahren. Dieser Mangel wird ausgeglichen, wenn er geboren wird und im frühen Kindesalter stirbt.

Oftmals fällt die Pflicht, sich im himmlischen Leben um ein solches Kind zu kümmern, denen zu, die diese Unregelmäßigkeit verursacht haben. Sie erhalten dadurch Gelegenheit, ihre Schuld gutzumachen und lernen sich zu bessern. Oder vielleicht werden sie die Eltern der Geschädigten und haben die Pflicht, in den wenigen Erdenjahren, die jene leben, für sie zu sorgen. Es stört dann nicht, wenn sie bei ihrem Tod in hysterisches Wehklagen ausbrechen, da sich dann im Lebensleib eines Kindes noch keine Bilder für irgendeine Folgewirkung befinden würden.

Dieser Himmel ist auch ein Ort des Fortschritts für alle, die lernbegierig, künstlerisch begabt oder menschenfreundlich waren. Der Studierende und der Philosoph haben unmittelbaren Zutritt zu allen Büchereien der Welt. Der Maler genießt endlose Wonnen durch die immer wechselnden Zusammenstellungen der Farben. Bald lernt er, dass seine Gedanken diese Farben verbinden und nach seinem Willen formen. Seine Schöpfungen leuchten und glitzern in einer Lebendigkeit, wie dies jemandem unmöglich ist, der mit den trüben Erdfarben arbeitet. Er malt mit lebendigem, glühendem Material und kann seine Entwürfe mit einer Leichtigkeit ausführen, die seine Seele mit Freude erfüllt.

Der Musiker hat hier noch nicht den Ort erreicht, an dem seine Kunst voll zum Ausdruck gelangt. Die physische Welt ist die Welt der Form. Die Empfindungswelt, in der wir das Fegefeuer und den ersten Himmel finden, ist vorwiegend die Welt der Farbe. Aber die Gedankenwelt, der zweite und dritte Himmel, ist die SpäŠre des Tones. Himmlische Musik ist eine Tatsache und nicht nur eine Redewendung.

Pythagoras fabelte nicht, wenn er von der Musik der Spären sprach, denn jeder der Himmelskörper hat seinen bestimmten Ton, und sie tönen zusammen zur himmlischen Symphonie, welche Goethe auch im Prolog zum "Faust" - dessen Schauplatz im Himmel liegt - erwähnt. Der Erzengel Raphael spricht:

"Die Sonne tönt nach alter Weise
In BruderspäŠren Wettgesang,
Und ihre vorgeschrieb`ne Reise
Vollendet sie mit Donnergang."

Selbst hier in der physischen Welt erreichen uns Widerklänge der himmlischen Musik. Sie sind unser kostbarstes Gut, obwohl sie flüchtig wie ein Irrlicht sind und nicht wie andere Kunstwerke für die Dauer geschaffen werden können, wie eine Statue, ein Bild oder ein Buch. In der physischen Welt stirbt und verschwindet der Ton, nachdem er geboren wurde. Im ersten Himmel sind naturgemäß diese Widerklänge schöner und dauernder, daher hört der Musiker hier süßere Weisen als in seinem Erdenleben.

Die Erfahrungen des Dichters sind denen des Musikers verwandt. Die Dichtkunst ist der wörtliche Ausdruck der innersten Seelengefühle, nach denselben Gesetzen der Harmonie und des Rhythmus angeordnet, die auch die musikalischen Schöpfungen (outpouring) des Geistes beherrschen. Hierzu kommt noch, dass der Dichter eine herrliche Anregung in den für die Empfindungswelt charakteristischen Bildern und Farben findet. Von dort entnimmt er die Anregungen zu seinen Schöpfungen im nächsten Erdenleben. Ebenso sammelt sich der Schriftsteller Fähigkeit und Material an.

Der Philanthrop arbeitet seine altruistischen Pläne zur Hebung des Menschengeschlechtes aus. Wenn er in einem Leben Mißerfolg hatte, so wird ihm im ersten Himmel klar, woran das lag, und er wird lernen, Hindernisse zu überwinden und Fehler, die seine Pläne undurchführbar machten, zu vermeiden.

Endlich ist der Zeitpunkt erreicht, wo die Leiden des Fegefeuers mit den Freuden, die den guten Werken des vergangenen Lebens entsprangen, im Keim des Empfin- dungsleibes niedergelegt werden. Sie bilden zusammen das, was wir Gewissen nennen, unseren Warner vor üblen Taten als den Erzeugern der Schmerzen und unseren Antrieb zum Guten, als der Quelle von Glück und Freude. Dann überlässt der Mensch seinen Empfindungsleib dem Verfall, wie er es einst mit dem dichten Körper und dem Lebensleib tat. Er nimmt nur die Kräfte des Keimatoms mit sich, die den Kern des zukünftigen Empfindungsleibes bilden werden, wie sie die dauernden Bestandteile seiner vergangenen Empfindungsträger waren.

Wie bereits erwähnt, werden die Kräfte dem Keimatom entzogen. Für den Materialisten sind Kraft und Materie untrennbar. Der Okkultist denkt darüber anders. Ihm sind sie nicht zwei vollkommen verschiedene und getrennte Begriffe, sondern die beiden Pole eines Geistes.

Materie ist kristallisierter Geist. Kraft ist derselbe noch unkristallisierte Geist (spirit).

Das wurde bereits gesagt, aber es kann nicht fest genug eingeprägt werden. In dieser Beziehung ist das Beispiel von der Schnecke sehr hilfreich.

Die Materie, die kristallisierter Geist ist, entspricht dem Schneckenhaus, das kristallisierte Schnecke ist. Die chemische Kraft, die Materie bewegt, macht sie zum Erbauen der Form brauchbar, und auch hier ist die Schnecke, welche ihr Haus bewegt, ein gutes Bild. Was jetzt Schnecke ist, wird mit der Zeit Haus werden, und was jetzt Kraft ist, wird mit der Zeit - wenn ihr Kristallisationsprozess fortschreitet - Materie werden.

Aber auch der entgegengesetzte Vorgang, Materie wieder in Geist aufzulösen, findet fortdauernd statt. Die gröbere Phase dieses Prozesses sehen wir als Verfall, wenn ein Mensch seine Träger zurücklässt, denn zu dieser Zeit lässt sich der Geist eines Atoms leichter von dem gröberen Geist trennen, der sich als Materie manifestiert hatte.

Aber auch der entgegengesetzte Vorgang, Materie wieder in Geist aufzulösen, findet fortdauernd statt. Die gröbere Phase dieses Prozesses sehen wir als Verfall, wenn ein Mensch seine Träger zurücklässt, denn zu dieser Zeit lässt sich der Geist eines Atoms leichter von dem gröberen Geist trennen, der sich als Materie manifestiert hatte.

Fortsetzung:

Der zweite Himmel



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